Vermeintliche „Hitzetote“ sind rechnerische Schätzwerte
Wissenschaftliche Modelle zeigen mögliche gesundheitliche Folgen extremer Temperaturen
Laut aktuellen Berechnungen des Robert Koch-Instituts (RKI) und des Umweltbundesamtes (UBA) könnten im Sommer 2024 rund 3.000 Todesfälle auf Hitzeeinwirkung zurückzuführen sein. Ähnliche Meldungen ließen viele deutsche Medien im Juni/Juli 2025 verlauten. Doch diese Zahl ist keine medizinisch erfasste Statistik – sie basiert auf wissenschaftlichen Modellrechnungen, die eine sogenannte hitzebedingte Übersterblichkeit schätzen.
„Die Öffentlichkeit muss wissen: Es gibt keine offizielle Todesursache 'Hitze'. Die genannten Zahlen entstehen durch statistische Analyse – nicht durch Auswertung von Totenscheinen.“
Hintergrund: Warum „Hitzetote“ nicht gezählt werden können
In Totenscheinen wird „Hitze“ in der Regel nicht als direkte Todesursache angegeben – auch dann nicht, wenn sie entscheidend zur gesundheitlichen Verschlechterung beigetragen hat. Um die gesundheitlichen Auswirkungen extremer Temperaturen dennoch einschätzen zu können, greifen Forscher auf mathematische Verfahren zurück, die auf langjährigen Daten zu Wetter und Sterblichkeit beruhen.
Zwei Modellansätze werden dabei besonders häufig verwendet:
- Statistische Übersterblichkeitsmodelle (RKI)
Diese Modelle vergleichen die tatsächlich beobachteten Todesfälle einer Woche mit dem langfristig zu erwartenden Durchschnitt. Liegt die Zahl während einer Hitzewelle deutlich darüber, wird der Unterschied rechnerisch der Hitze zugeschrieben. - Expositions-Wirkungs-Modelle (UBA)
Sie analysieren, ab welchen Temperaturen das allgemeine Sterberisiko signifikant steigt. Daraus entsteht eine mathematische Kurve, die Rückschlüsse auf das zusätzliche Sterberisiko an heißen Tagen erlaubt.
„Wir sprechen hier nicht über gezählte Einzelfälle, sondern über ein rechnerisches Signal in der Statistik“, betont Dr. Andreas Becker vom Umweltbundesamt.
Modellrechnungen sind kein Ersatz für medizinische Todesursachenstatistiken
Die Experten machen deutlich: Die verwendeten Modelle liefern wertvolle Hinweise, doch sie ersetzen keine individuelle medizinische Analyse. Die Schätzungen dienen dazu, gesundheitliche Risiken auf Bevölkerungsebene sichtbar zu machen – insbesondere für ältere Menschen, Vorerkrankte und Personen ohne ausreichende Möglichkeiten zur Abkühlung.
Beispiel: Stirbt ein älterer Mensch mit Herzschwäche während einer Hitzewelle, wird dies offiziell nicht als „Hitzetod“ geführt. Dennoch kann die Temperaturbelastung eine entscheidende Rolle gespielt haben.
Forderung: Hitze als ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko behandeln
Mit Blick auf den Klimawandel fordern Fachleute stärkere Vorsorgemaßnahmen, darunter Hitzeschutzpläne für Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser, Schulen und Städte. Auch die Bevölkerung müsse besser über gesundheitliche Risiken informiert werden – besonders vor angekündigten Hitzewellen.
„Die Modellzahlen dürfen nicht als exakte Todesstatistik missverstanden werden – aber sie zeigen klar: Hitze kostet Leben. Und sie betrifft uns alle.“
Weitere Informationen:
Umweltbundesamt: www.umweltbundesamt.de
RKI-Studie zur Übersterblichkeit bei Hitze (PDF): https://edoc.rki.de/handle/176904/6799
UBA-Factsheet „Hitzebedingte Todesfälle“: https://www.umweltbundesamt.de/sites/def...
Pressekontakt:
Pressebüro Umwelt und Gesundheit
E-Mail: presse@umweltbundesamt.de
Telefon: +49 (0)340 2103-2222
Wichtiger Hinweis: Die in dieser Mitteilung genannten Zahlen basieren ausschließlich auf wissenschaftlichen Berechnungsmodellen zur Schätzung hitzebedingter Übersterblichkeit. Es handelt sich nicht um ärztlich festgestellte Todesursachen. Dieser Hinweis fehlt in der aktuellen Berichterstattung anderer Medien leider allzuoft.
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